Die "Puffbohnenstadt" Erfurt
- sibelakin
- 7. März 2023
- 6 Min. Lesezeit
Vor einiger Zeit entdeckte ich Erfurt in einer Liste der zehn schönsten Städte Deutschlands. Neben den üblichen Verdächtigen wie München, Hamburg, Heidelberg und Co. war Erfurts Nennung eine kleine Überraschung für mich.

Zuvor hatte ich sonst einige Male Erfurt wegen Fortbildungen besucht, aber ehrlicherweise mich überhaupt nicht mit der Stadt als "sehenswerter Ort" befasst.
An einem furchtbar verregnet kalten Wintertag machte ich mich mit der Deutschen Bahn in 3,5 Stunden auf dem Weg nach Erfurt. Für mich sollte es, dem Wetter trotzend ein Tagesausflug werden in der mit einer überschaubaren Größe der 211.000 Einwohner zählenden Stadt.
Ob es sich also gelohnt hat Wind und Wetter zu trotzen? Die im Jahre 742 erstmals erwähnte Stadt macht ihrer Top-10-Nennung alle Ehre. Die Altstadt mit ihren uralten Fachwerk- und Bürgerhäusern ist wirklich wunderschön.
Flüsschen, Fachwerk, Hügel, beginnende grüne Vegetation… Optisch erinnern die Altstadtgassen fast schon an diese klischeehafte deutsche Märchen-Optik, wie sie gerne in japanischen Zeichentrickfilmen in Szene gesetzt wird. Vor diesem Hintergrund wundert es mich, dass Erfurt nicht längst von staunenden Touristen aus Fernostasien überrannt wird.
Aber Erfurt überzeugt nicht nur optisch. Auch atmosphärisch war ich sehr angetan von der Stadt. Viele junge Menschen, ein wenig Trubel, das richtige Maß an Beschaulichkeit, nicht zu viele Touristen, schöne kleine Geschäfte und Cafés sorgen für eine angenehme Stimmung.
1. Der Anger als Startpunkt für deinen Erfurt Sehenswürdigkeiten Rundgang
Die Tatsache, dass der Anger von allen sechs Straßenbahnlinien angesteuert wird, verdeutlicht mehr als genug die zentrale Lage dieses Platzes innerhalb der Erfurter Altstadt. Vom Hauptbahnhof aus ging ich kaum zehn Minuten nachdem ich mir ein schnelles französisches Frühstück am Hbf gegönnt hatte, ehe ich mich am Anger und damit im Herzen von Erfurt befand.
Für meinen Geschmack bietet der großzügige und schöne Platz genau das richtige Zwischending zwischen Trubel und Beschaulichkeit. Das macht den Anger sicherlich zu einem optimalen Ausgangspunkt für einen perfekten Erfurt Sehenswürdigkeiten Rundgang.
In der östlichen Ecke des Platzes befindet sich vor der 1368 fertiggestellten Kaufmannskirche ein Luther-Denkmal von 1883. Der Standort dieser Statue in Erfurt begründet sich u. a. damit, dass Luther an der Uni Erfurt von 1501 bis 1505 Freie Künste studierte.
Das Zentrum des Angers prägt ein großes Gebäude mit Uhrentürmchen. Hierbei handelt es sich um das 1895 fertiggestellte Erfurter Hauptpostamt mit dem Hauptpostturm. Vor diesem stieß ich zudem auf die ersten der KiKa-Figuren, von denen mir noch weitere in der Erfurter Altstadt begegneten: die Maus und der Elefant aus der Sendung mit der Maus ( der Fernsehsender Kita ist in Erfurt angesiedelt).

Auf dem Weg zur nächsten der Erfurt Sehenswürdigkeiten am Anger warf ich einen Blick auf das wunderschöne Bürgerhaus am Anger 23: Von der Bartholomäuskirche am westlichen Anger existiert nur noch der Turm. Grund dafür ist ein Brand von 1660, der das Kirchenschiff zerstörte. Seit 1979 ertönt aus dem Bartholomäusturm ein Glockenspiel, das sehr schön sein soll. Mir sind die drei täglichen „Konzerte“ um 10, 12 und 18 Uhr leider entgangen, weil ich doch noch so viel auf dem Plan hatte.


Am westlichen Ende des Angers stieß ich schließlich auf das Haus Dacheröden. In diesem 1557 erbauten Renaissancebau verkehrten keine Geringeren als Goethe und Schiller. Und irgendjemand wichtiges hat sich in dem Haus verlobt mit einer Frau Dachböden, den Namen hab ich nur vergessen, weil ich weitertrabte um dem ersten Regenschauer zu entgehen.
Was ich mir aber gemerkt habe , wieso Schillernd Goethe hier ein und aus gingen, war der Grund dass ein gewisser Herr Dacheröden – damals Präsident der Erfurter Akademie Gemeinnütziger Wissenschaften – sein Privathaus in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts zum Zentrum der Erfurter Kulturszene machte.
Vor dem Haus Dacheröden befindet sich zudem der Angerbrunnen, der mich übrigens etwas an den Mendebrunnen auf dem Augustusplatz in Leipzig erinnert.
2. Barfüßerkirche

Vom Anger aus habe ich meinen Erfurt Sehenswürdigkeiten-Rundgang dann weiter zur Barfüßerkirche weitergeführt. Erfurt besitzt einen der größten Altstadtkerne mit weitgehend altstädtischer Bausubstanz in Deutschland. Dies ist vor allem dem glücklichen Umstand geschuldet, dass Erfurt im 2. Weltkrieg im Gegensatz zu anderen Städten vergleichbarer Bedeutung keinem Flächenbombardement ausgesetzt war. Dies dürfte sicherlich auch einer der Gründe dafür sein, dass selbst heute noch 22 Kirchen allein im Gebiet der Erfurter Altstadt existieren. Von fünf weiteren Kirchen hat nur der Kirchturm überlebt. Insgesamt prägen also noch immer 27 von ehemals bis zu 38 Kirchtürmen die „Skyline“ der Erfurter Altstadt. Eine der Kirchen in Erfurt, die den 2. Weltkrieg nicht schadlos überstanden hat, ist die Barfüßerkirche. Deren Kirchenschiff wurde im November 1944 von einer britischen Luftmine getroffen. 4. Fischmarkt mit dem Rathaus
Die nächste Station auf deinem Erfurt Sehenswürdigkeiten Rundgang kann dann der nur 200 Meter entfernte Fischmarkt sein. Dieser 1293 erstmalig schriftlich erwähnte Platz liegt auf halbem Weg vom Anger zum Domplatz. Auf ihm versammeln sich gleich mehrere der wichtigsten Erfurt Sehenswürdigkeiten: Das Erfurter Rathaus prägt den Fischmarkt. Errichtet wurde es 1874 im Stile der Neugotik und um 1930 erweitert.

In der Mitte des Fischmarktes befindet sich zudem eine Säule, die mit einem bewaffneten Krieger bestückt ist – dem sog. Römer. Dieser trägt – neben Waffen – die Stadtfahne von Erfurt.
Errichtet wurde er, um dem damals über Erfurt herrschenden Erzbischof von Mainz zu verdeutlichen, dass die Erfurter Bürger ihre Freiheiten als Reichsstädter notfalls auch mit Gewalt verteidigen würden.
Ebenfalls sehenswert sind am Fischmarkt die Patrizierhäuser aus der Renaissance. Hierunter zählt neben dem Haus zum Breiten Herd auch das Haus zum Roten Ochsen von 1562, in dem sich eine Kunsthalle befindet. Hier kann sich dein kunstbegeistertes Ich in Wechselausstellungen mit Bildender Kunst der Moderne und Gegenwart beschäftigen.
5. Krämerbrücke und Ägidienkirche

Weiter geht es vom Fischmarkt in Richtung Krämerbrücke, die vermutlich die bekannteste der Erfurt Sehenswürdigkeiten ist. Mit diesem seit 1486 in der heutigen Form bestehenden Brückenbau bricht Erfurt einen Europarekord: Die Krämerbrücke ist die längste durchgängig mit Häusern bebaute Brücke Europas.Ich fand's ziemlich spannend, denn ich bin erstmal auf die Brücke zugelaufen ohne zu merken dass ich schon mittendrauf stehe.
Das 120 Meter lange, die Gera überbrückende Bauwerk beheimatete ursprünglich 62 sehr schmale Fachwerkhäuser, die heutzutage zu 32 Häusern vereinigt wurden. In diesen verbliebenen Häusern kannst du in zahlreichen kleinen Geschäften stöbern.
Bevor du das aber tust, empfehle ich es dir meinen Fehler nicht zu begehen sondern auf den nördlich der Krämerbrücke gelegenen Platz zu gehen. Von dort aus siehst du überhaupt erst, dass es sich um eine Brücke handelt. Diese Tatsache dürfte dir entgehen, wenn du direkt vom vorgelagerten Benediktsplatz auf die Brücke spazierst.
Einen tollen Ausblick über Erfurt genießt du schließlich vom Turm der Ägidienkirche, die sich am östlichen Ende der Krämerbrücke befindet.
6. Alte Synagoge und Waagegasse

Die Alte Synagoge in Erfurt gibt es seit über 900 Jahren. Ihr ältestes Mauerwerk stammt etwa aus dem Jahre 1094. Damit ist sie die älteste erhaltene Synagoge
Europas. Wie das trotz Nationalsozialismus möglich ist? Man ist den Nazis in einem Pogrom im Jahre 1349 schlichtweg um fast 600 Jahre zuvorgekommen. Für die damalige Pestepidemie machte man die Juden verantwortlich. In der Folge wurden alle Erfurter Juden umgebracht. Das wiederum führte dazu, dass die Synagoge nur noch als Lagerhaus eingesetzt wurde. Durch die dafür fälligen Umbauten ähnelte das Gebäude schon lange vor den Nazizeiten keinem Synagogenbau mehr und blieb daher unbeschadet. Seit 2009 findest sich in der Alten Synagoge ein Museum, das sich vor allem mit der ersten jüdischen Gemeinde Erfurts im Mittelalter beschäftigt. Im Erdgeschoss der Ausstellung wird die Baugeschichte der Synagoge behandelt. Im Keller kannst du einen Schatz besichtigen, der während des Pogroms von einem Juden in der Nähe der Synagoge vergraben wurde. Im Hof wiederum gibt es Grabsteine eines zerstörten jüdischen Friedhofs zu besichtigen.
Ich hab mir Zeit genommen für das Museum und kann es wärmstens empfehlen, für wenig Geld gibts nen Audio Guide, der wirklich informativ ist. Die Alte Synagoge befindet sich an der Kreuzung der Michaelisstraße und der Waagegasse. Während du in den Kneipen an der Michaelisstraße sicherlich das ein oder andere gute Bier findest, versetzt dich die Waagegasse schnell ins Mittelalter zurück.

Gleichzeitig findest du hier im „Faustfood“ eine der wohl besten Thüringer Rostbratwürste und näherst dich zu allem Überfluss auch noch dem Domplatz. Und genau dort befinden sich mit dem Dom und der St. Severi Kirche die nächsten beiden großen Erfurt Sehenswürdigkeiten.
7. Ensemble aus Erfurter Dom und St. Severi Kirche am Domplatz

Der etwa 81 Meter hohe Mariendom ist Erfurts ältestes und wichtigstes Kirchengebäude. Er befindet sich neben der Severikirche auf dem Domberg. Das Ensemble der beiden scheinbar über der Altstadt thronenden Kirchen ist ein wirklich beeindruckender Anblick. Nicht umsonst hat es sich zusammen mit der Krämerbrücke zu einem der Wahrzeichen Erfurts entwickelt. Vom Domplatz aus führen 70 Stufen hinauf zum Eingang des Doms. Dieser nennt mit der sog. Gloriosa die größte freischwingende mittelalterliche Glocke der Welt sein Eigen. Der Dom liefert definitiv aus allen Himmelsrichtungen einen tollen Anblick. Lass es dir aber nicht entgehen, einen Blick in den Dom zu werfen. Die gotischen Chorfenster sind wirklich beeindruckend. Gleiches gilt für das Chorgestühl. Am meisten beeindruckt hat mich jedoch der Hochaltar. Fotos hatte ich gemacht....leider anscheinend nicht geklickt:-)
8. Petersberg
Meinen Erfurt Sehenswürdigkeiten Rundgang setzte ich idealerweise fort, indem ich an der Severikirche vorbeiging und den Domberg verließ im Schneeregen.Einmal die Straße am Lauentor überquert und schon befand ich mich am Fuße des Petersbergs.
Auf dem Petersberg befindet sich u. a. eine ab 1665 errichtete Zitadelle bzw. Festung, die sich als Europas einzige noch größtenteils erhaltene barocke Stadtfestung bezeichnen lassen darf. In ihren besten Zeiten galt sie als uneinnehmbar. Die Horchgänge der Petersberg Festung habe ich mir für wenig Geld bei einer Funzelführung angesehen und ein Video aufgenommen, was du hier sehen und vielmehr hören kannst....)
Und so saß ich bei der Rückfahrt aus Erfurt im Zug und dachte über meinen Tag nach, der alles in allem trotz "Schietewetter" mit spannenden Sehenswürdigkeiten gefüllt wurde...ich habe sicherlich nicht alles in Erfurt gesehen aber der Eiblick hat mir wahrlich gut gefallen!Fahrt hin und guckt es euch selbst an:.....
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